Presse

Von der Werkbank ins eigene Fotolabor

Münsterländische Volkszeitung
02.07.2009
Münsterländische Volkszeitung

Pilotprojekt der EWG zur Existengründung für ehemalige Karmann-Beschäftigte

-jk- Rheine. Boris Hübner ist arbeitslos. Der 40-Jährige teilt das Schicksal Hunderter, die ebenfalls vom Autobauer Karmann entlassen wurden. Doch statt sich auf andere zu verlassen, ergriff der KFZ-Meister selbst die Initiative. Er wagt den Schritt in die Selbstständigkeit. Nicht etwa als Autoschrauber. Er will sich als Fotograf selbstständig machen. Seit 20 ]ahren bereits fotografiert er leidenschaftlich gerne, seit sechs ]ahren ist er nebenberuflich als Fotograf tätig.

Geholfen hat ihm dabei ein Pilotprojekt der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft Rheine [EWG]. Die städtische Gesellschaft hat ein Existenzförderprogramm speziell für arbeitsose „Karmänner“ ins Leben gerufen. Start war im April, heute trage es erste Früchte, sagt EWG-Geschäftsführer Manfred Janssen. In enger Zusammenarbeit mit der Firma Schaffer, die die Transfergesellschaft für Karmann organisiert, und dem Institut Gründungsoffensive [Ingo] wurden frühere Mitarbeiter des inzwischen insolventen Autobauers beim Gang in die Selbstständigkeit betreut. „Vorrangig geht es uns natürlich darum, neue Arbeitsplätze zu finden. Wir haben uns aber auch über Alternativen Gedanken gemacht“, sagt Thomas Gerwert, Prokurist bei Schaffer. Eine solche Alternative sei eben die Existenzgründung.

Ende April gab es eine erste Informationsveranstaltung bei der EWG mit 43 Teilnehmern. Von diesen sind bis heute 24 übrig geblieben, die den Schritt in die Selbstständigkeit weiter ernsthaft verfolgen wollen. Und einer von diesen ist Boris Hübner. Zunächst habe er das Thema mit seiner Familie besprochen. Denn falls die nicht mitzieht, sei das Projekt von vornherein zum Scheitern verurteilt. Als die Familie „grünes Licht“ gab, sondierte Hübner den Markt. Er machte Aufnahmen für eine Pizzeria, versah diese mit seiner Internetadresse. Die Resonanz der Kunden und seiner Bekannten sei positiv gewesen und so habe er sich entschlossen, den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen.

Start für sein Projekt unter dem Titel „Die Belichtungsfabrik“ soll Anfang September sein. Fördergelder helfen ihm über die ersten Monate. „Etwas Angst habe ich schon, wenn die Förderung ausläuft. Dann muss ich auf eigenen Beinen stehen“, sagte Hübner. Trotzdem freue er sich auf die Herausforderung.

In den vergangenen Monaten hat er wie andere ehemalige Kollegen auch, ein dreitägiges Gründungsseminar besucht. Ein weiteres Coaching begleitet die künftigen Unternehmer. „Das ist ein Pilotprojekt, das seinesgleichen sucht“, meint Peter Neuwald von „Ingo“. Es sei ein Modell, das auch in anderen Gegenden umgesetzt werden sollte. Schließlich seien nicht nur Rheinenser unter den entlassenen Karmann-Beschäftigten.

Ganz wichtig beim Weg in die Selbstständigkeit sei die richtige Vorbereitung. „Es ist nichts schlimmer, als eine schlechte Gründung“, sagt Ingo Schiener von „Ingo“. Im Laufe der umfangreichen Beratung stehe oft auch der Ratschlag, sich nicht selbstständig zu machen. Denn nicht jeder bringe die Eignung als Unternehmer mit. Während Hübner sich als Fotograf selbstständig machen will, gehen seine früheren Kollegen von Karmann ganz andere Wege. Vom Autoaufbereiter über Webdesigner und Fußpfleger bis hin zu Hundetrainer seien viele Beruf vertreten, sagt Thomas Gerwert. „Es bringt nichts, wenn nachher in Rheine 40 Beulendoktoren arbeiten“, ergänzt Schiener.

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